Donnerstag, 14. März 2013

Passierschein A38


Entschuldigt die längere Pause, wurde inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen und bin jetzt bei meinen Eltern. Alleine Wohnen ist noch nicht drin. Dafür darf ich jetzt in den Genuss von all dem kommen, dass mich hat ausziehen lassen. Mit dem Unterschied, dass ich meine eigenen Sachen nicht hier hab. (Auch nicht mehr aktuell. Bin wieder in meinen eigenen 4-Wänden)
Jetzt aber zurück zum Thema. Krankenhaus.




Noch immer begeistert von der Raffinesse des Urologen stand ich dann vor der geschlossenen Apotheke. War ja so klar dass die jetzt zu hat. Neben der Entscheidung nicht zu Frühstücken und meine imaginäre Küche am Laufen zu halten, Gerichte Servieren, Zutaten sammeln,  etc.  (Spiel bei Facebook) war es also die zweite richtig dumme Idee gewesen, erst zum Arzt zu gehen und DANN in die Apotheke. Ich erinnerte mich an den Plan. Krankenhaus, Bilder machen, Bilder bekommen, entlassen werden. Da das maximal zwei Stunden in Anspruch nehmen dürfte plante ich weiter. Apotheke aufsuchen, bei ALDI die Glasplatten/Magnetfaseln die ab heute im Angebot sind kaufen, richtig geil chinesisch kochen – Frühstück hatte ich gedanklich schon gestrichen – Facebookspiel rocken. Fast so ein toller Plan wie der, den ich beim Aufstehen gefasst hatte.  Zum Glück bin ich flexibel.

Ich fuhr also in das örtliche Krankenhaus. Zu meiner Überraschung war an einem Montagmittag jeder noch so kleine Parkplatz auf dem Gelände belegt. Dabei liegt ein durchschnittlicher Krankenhausbesuch bei Verwandten bei knappen 30 Minuten, die erlaubte Parkzeit ist aber 2h. Bleiben die Besucher also die restliche Zeit im Café und trinken gemütlich was?
Noch mit einem Lächeln  auf den Lippen betrat ich das Krankenhaus. 
Da ich an diesem Tag vom Glück geküsst worden bin bekam ich einen Parkplatz. Einen wirklich guten. Rechts und links standen beide Autos sogar innerhalb der Markierung.
Da man ja einen auf Patient machen will, fragt man erstmal an der Pforte wo genau man sich denn melden soll. Ich werde in den zweiten Stock geschickt. Aufnahme innere Patienten. Gut.
Dort sitzen schon vier matronenhafte Damen. Wieder einmal senke ich den Altersdurchschnitt der wartenden Personen erheblich.
An der Tür zur Anmeldung klebt ein Zettel, der ausdrücklich darauf Hinweist, dass man klopfen soll und nur dann den Raum betreten darf, wenn man dazu deutlich aufgefordert wird. Ich verliere ein weiteres, kleines Stückchens meines Glaubens an die Menschheit. Ich erinnere mich an die Zeit, als ich selbst in diesem Krankenhaus gearbeitet habe. Keiner, wirklich KEINER, der Menschen die hier arbeiten  (Weder Putzfrau, noch Koch, noch Arzt, noch Schwester, geschweige denn ein Zivi (Damals gab es das noch)) haben sich jemals von einer Tür aufhalten lassen. So komme ich zum Schluss, dass man diesen Zettel an der Tür also nur dazu hat, um Patienten von Personal unterscheiden zu können. Wer klopft hat verloren und bekommt ein Nachthemd angezogen dass Hinten offen ist.
. Da ich inzwischen ja gut geübt darin bin zu warten, tue ich genau das. Mir kommt die Frage in den Sinn, wie viele Stunden seines Lebens der Mensch durchschnittlich mit Warten verbringt. Habe ich durch den heutigen Tag mein Soll erfüllt?  

Es dauert schon wieder ein dreiviertel Frauenmagazin bis eine weibliche Stimme die Tür freigibt und zum Eintritt auffordert. Ich nenne meinen Namen und überreiche meine Röntgenbilder. Durch die große Mappe werde ich angesehen als ob ich von einem anderen Planeten kommen würde. Zum ersten Mal wird mir mitgeteilt, dass man eigentlich keine „richtigen“ Röntgenbilder mehr macht. Alles nur noch digital. Als ob ich schuld dran wäre, dass nun dieser überdimensionale Umschlag für meinen ganzen Aufenthalt hier unweigerlich mit meiner Krankenakte verbunden sein würde. Dann platz die Chefärztin der Gynäkologie in unser „Gespräch“ und lockt mich in ihr Büro. Ich bin schockiert. In diesem Büro könnte man gut ein Dreibettzimmer unterbringen. Sie hat zwar schon mit meinem Urologen Telefoniert, will aber von mir auch nochmal alles hören. Als „einfacher Patient“ würde ich ihr erzählen, dass auf dem Fernseher, der nur schwarz-weißen Mist zeigt eine Blase war, der Arzt mir danach Zeug gespritzt hat, mehrmals geröntgt hat und mir dann noch das Vergnügen einer Blasenspiegelung ermöglicht  hat. Dadurch, dass ich schon langsam durch die ganze Warterei betäubt war rasselte ich das Ganze in medizinisch runter, inklusive einiger Ergänzungen. Reichte ihr trotzdem nicht. Musste mich schon wieder ausziehen. Ein weiteres Mal musste ich daran denken, wie froh ich bin einen frischen Schlüpfer und frische Socken zu tragen. Dank der aktuellen Schönheitsanforderungen waren, trotz Winter, sogar meine Beine rasiert. Ich war schon fast stolz auf mich. Das fast schon dankbare Lächeln auf den Lippen meiner neuen Ärztin bestärkte mich in dieser Empfindung. Die Gynäkologin machte sich also trotz allen Bildern und Berichten nochmals daran mich richtig zu untersuchen. Schon wieder hatte ich eine Nadel im Arm. Diesmal hab ich wenigstens die Nadel kaum gespürt. War begeistert. Noch während sie zwischen meinen Beinen beschäftigt war verkündete sie mir, wie begeistert sie sei, dass ich noch immer nüchtern sei. Man könne ja gleich heute operieren. Im Gegensatz zu ihrer hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Auch wenn ich meine Zysten und Tumore (Tumore sind alle Gewebsansammlungen. Rigoros alle!) schon mehrmals jetzt gesehen hatte und vom Urologe die Abkürzung OP gehört hatte, konnte ich mich noch immer nicht damit anfreunden. Weder als Medizinerin, noch als Patientin.

Wieder angezogen wurde ich ans andere Ende des Flures geschickt um die Aufnahme zu beenden. Auf dem Weg kam ich zum Schluss, dass ich mich verarscht fühle. Eigentlich war ich doch nur hier um die Warteschlange bei dem örtlichen CT/MRT/Röntgen-Mensch zu übergehen und noch immer redete jeder Weißkittel von einer OP. Dabei hat mir noch keiner gesagt was genau ich jetzt eigentlich habe. Zysten allein gelten ja wohl kaum als Krankheitsbild, abgesehen davon lösen die von Heut auf Morgen auch nicht diese Vernichtungsschmerzen aus die mich die letzten Tage drangsalierten.
Am Ziel angekommen – ich musste übrigens nicht nur den Flur entlang sondern auch noch links abbiegen und an das Ende eines ganz anderen Flures watscheln! – wurden meine Daten aufgenommen. Es hat stolze 6 Minuten gebraucht bis die Dame mir sagte, dass ich, durch meine Zusatzversicherung, eigentlich gar nicht richtig wäre. Zur Aufnahme und Anmeldung müsste ich ins  Erdgeschoss. Ist ja nicht so, als ob ich davor nicht an der Pforte gefragt hätte wo ich hin muss. Die Begeisterung war mir ins Gesicht geschrieben. Die beiden Damen (erinnerten mich übelst an Dick und Doof) im Erdgeschoss waren ebenfalls total begeistert. Vor allem davon, dass ich mein Kommen nicht angemeldet hatte. Ja... war ja auch geplant gewesen.
Die Azubine – ich behaupte einfach mal sie war eine, angesichts ihres Alters und der unglaublichen Kompetenz die sie ausstrahlte – versuchte mir die ganzen Unterlagen zu erklären die man mir zum Unterschreiben vorlegte. Am Ende waren wir so weit, dass ich ihr erklärt hab wozu die einzelnen Dokumente wohl gut waren und sie nickte nur bestätigend. Wie gesagt, unfassbar Kompetent. Beide waren, im Übrigen, fast so freundlich wie kompetent! Ist immer schön Menschen zu treffen die Spaß an ihrem Beruf haben.
Zurück im Aufnahmezimmer des zweiten Stocks wurde ich dann darauf hingewiesen, dass ich mein Auto nicht auf dem Parkplatz stehen lassen könnte und einen Parkausweis beantragen solle. Überrascht es euch, dass das nur unten an der Pforte geht? Mich nicht. Nicht mehr. Ich mein, warum solche zusammenhängenden Informationen auf einmal hergeben, wenn der Patient doch mit höllischen Schmerzen auch 3-mal mehr oder weniger unnötig durch das Krankenhaus irren kann. Wär ja langweilig wenn alles auf einmal gehen würde.
So gern die einen auch darauf hinweisen, dass  man ohne Parkausweis nicht parken darf, so ungern scheinen sie die Ausweise auch herzugeben. Was mich an der Sache am meisten geärgert hat war, dass ich streng genommen nur ca 750m weit weg vom Krankenhaus wohn und dort, auf „meinen Parkplatz“, mein Auto abstellen könnte. Hätte ich auch, hätte ich gewusst, dass ich über Nacht bleiben muss. War ja, eigentlich, nicht Teil des Plans.

Irgendwann war dann alles geregelt und ich bekam sogar ein Zimmer. Was ich noch immer für unnötig erachtet habe, da ich ja eigentlich nur zum Bilder-machen da war. (Hab trotzdem darum gekämpft dass mein Auto länger als 2h auf dem Parkplatz stehen darf. Die Parkdauer war inzwischen auch erreicht…)
Das Schöne war, dass ich als richtig aufgenommener Patient mit eigenem Zimmer auch Schmerzmittel bekommen konnte. Hab ich dann auch gleich. Eine ganze Flasche. Noch während das Zeug in meinen frisch gelegten Zugang lief rief ich noch in meiner Praxis an um mal vorsichtshalber anzukündigen, dass ich wohl nicht unbedingt am nächsten Tag kommen könnte.
Dann endlich, die Infusion war schon komplett durchgelaufen, wurde ich ins Röntgen gerufen. Endlich. Ein Blick auf die Uhr ließ mich doch noch hoffen, dass ich wenigstens zum Abendessen in meiner Wohnung sein würde. 

Dienstag, 5. Februar 2013

von Arzt zu Arzt...ohne Frühstück


Hm… Montag. Ein Tag an dem ich zum ersten Mal von Ärzten überfordert war, und das, obwohl ich ihre Sprache spreche. 

Ich sitze vor einem Tablett mit dem typischen Vesper. Brote, Käse, Wurst, Früchtetee. Alles portioniert und unter einem Thermodeckel versteckt. Jeder normale Mensch würde widerwillig die Butter auf das Brot schmieren und Essen. Weil’s halt da ist. Ich saß da und starrte das Brot an und konnte kaum an mich halten nicht alles am Stück in mich rein zu schaufeln. Aber ich durfte nicht.  Es war moderne Folter. Man gibt dir den ganzen Tag nichts zu essen und stellt dann Lebensmittel vor dich ab und sagt „Aber bitte noch nicht essen, es ist noch nicht sicher ob Sie heute noch nüchtern bleiben sollen.“ Selten hab ich mich derart verarscht gefühlt. Warum stellt die Gute dann das Essen VOR mich statt es in der Teeküche oder auf dem Essenswagen zu lassen?!

Im Grunde war es aber der fast perfekte Abschluss eines grausigen Tages. 


Am Sonntag hatte eine Arbeitskollegin angerufen und angeboten am Montag für mich einzuspringen, falls ich noch nicht fit war. Da ich Sonntagabend ja noch davon überzeugt war sterben zu müssen (Mindestens), nahm ich das Angebot sehr gerne an. Mit meinem Chef war ausgemacht, dass ich gleich nach meinem Arztbesuch noch in der Praxis vorbei kommen würde um alle auf dem neusten Stand zu bringen.
Trotz meiner Spielesucht bei Facebook verließ ich das Haus ohne zuerst meine Spielpflichten zu erfüllen. Das konnte ja warten bis ich wieder nach Hause kam - dachte ich zumindest. Ich hätte kaum falscher liegen können. Was mal wieder beweist:  Schiebt nichts vor euch her. Macht es gleich! 

Oh, und achtet immer auf Intimrasur und zieht jeden Tag nen frischen Schlüpfer an! 
Dieser Rat war den diesem Montag gleich zweimal wichtig. Einmal für mich, einmal für ein Ömchen (Oma). Ich wollte, bevor ich zum Arzt und danach in die Praxis geh, meinen Kollegen noch je ne Brezel kaufen. Also ab zum Bäcker. Kaum war ich drin fiel eine Rentnerin einfach um. Bum. Wie so viele ältere Damen hatte sie die Vorliebe Röcke anzuziehen. Leider schien ihr niemand die Sache mit dem täglichen Wechsel der Unterwäsche erzählt zu haben, denn ihrer war, für alle sichtbar, nun ja… sagen wir einfach nicht frisch.

Nachdem ich heldenhaft, trotz höllischen Schmerzen, erste Hilfe geleistet hatte, verließ ich den Bäcker. Ohne Brezeln. Die Oma wurde von den Sanitötern übrigens ins Krankenhaus gefahren. Die Sanitöter sollte ich ein paar Tage später nochmal sehen. Dann würde ich der Mensch sein den sie liegend in den Krankenwagen packen würden. Wusste ich das da schon? Nein. Hätte ich es geglaubt? Sicher nicht!

Beim Arzt musste ich zum ersten Mal an diesem Tag warten. Dank des schlechten Radioprogramms konnte ich sagen, dass ich nicht nur 9 schlechte Wortspielereien, sondern auch 5 Wetterberichte, 8 Verkehrsinformationsdurchsagen und, so nebenher, 3 STERN und 1 FOCUS lang warten musste. Heißt ca. anderthalb Stunden. Mit Wartezimmern ist das ja so ne Sache. Wenn man davor noch nicht krank war, spätestens wenn man da wieder raus kommt ist man es. 
Der Arzt war nahezu begeistert davon, dass sich mein Schmerz verändert hatte. Noch mehr Tabletten und eine Überweisung zum Urologen. Achja, und noch ne weitere Woche Krankgeschrieben. Noch bevor ich den gelben Zettel in der Hand hatte konnte ich meinen Chef vor Begeisterung aufschreien hören. Fast so begeistert war auch ich selbst. Das rumliegen ist ja schön und gut, aber dank des Wochenendes konnte ich mich vor dem bekannten HARTZ-IV-TV-Programm retten. Eine ganze Woche würde mir das nicht gelingen. Wenigstens würde ich danach neues Material zum Lästern mit meinen Patienten haben. Dachte ich.


Auf dem Heimweg fuhr ich an einer Apotheke vorbei, auf der anderen Seite der Straße war der empfohlene Urologe. Schnell war mein schwarzer Sportflitzer in eine Parklücke gelenkt - übrigens Mustergültig mit S-Parken! - und schon stand ich in der Schlange vor dem Tresen der Urologiepraxis. Drei alte Männer vor mir. Ein erster Blick auf die Uhr. Knapp 10 Uhr. Ich spüre den ersten Hunger. Da ich ja „nur schnell“ zum Arzt wollte hatte ich noch nicht gefrühstückt. Das wollte ich zusammen mit meinen Facebookspielen erledigen.
Der Gedanke noch schnell in die Apotheke zu gehen um mich mit Schmerzmittel einzudecken wird immer verlockender. Leider werde ich aufgerufen noch bevor ich mich dazu durchringe den Weg zurückzulegen. Mein Ziel beim Urologen war es eigentlich einen Termin für eine Ultraschalluntersuchung zu machen. Die Sprechstundenhilfe meinte, ich könnte als Notfall heut noch reingeschoben werden.  Mit etwas Geduld wäre das kein Problem. Da sich meine Pläne für den  Tag bestenfalls als Übersichtlich bezeichnen ließen willigte ich ein und nahm im Wartezimmer platz. Es gab 16 Stühle die im Halbkreis aufgestellt waren. 15 waren besetzt. Das Durchschnittsalter der rein männlichen Patienten lag, schätzungsweise, bei 89. Als ich das Zimmer betrat konnte man ihnen ansehen, dass sie verwirrt waren. Hätte ich keine Jacke getragen, hätte man(n) mich sicherlich mit einer der Sprechstundenhilfen verwechselt. Während ich mich auf den letzten freien Stuhl setzte, mit einem Glas Wasser in der Hand, fürchtete ich schon mindestens einer der Herren dicht vor einem Herzinfarkt zu wissen. He, aber ich saß. Noch. Jedesmal wenn sich die Tür öffnete sah ich mich schon auf dem Boden sitzend. Frau ist ja noch gut erzogen und hätte den älteren Herrschaften, natürlich, ihren Platz angeboten. Ich sollte Glück haben und die ganzen anderthalb Stunden in denen ich warten musste auf eben diesem Stuhl sitzen. Sobald einer der Herren das Wartezimmer verlassen konnte, kam sofort ein neuer der durch die Reihe adrett gekleideter Rentner in unsere schweigende Runde.
Beim ersten Arzt haben sich die Rentner noch schön unterhalten. Über Gott und die Welt. Und ihre Nachbarn. Vor allem über die Nachbarn. Aber hier herrschte eisernes Schweigen. Schweigen, das nur unterbrochen wurde als ich auf einmal laut auflachen musste. Im Wartezimmer war nämlich ein großer Flachbildschirm montiert, der in endlosschleife verschiedenes Zeug zeigte. Ein wirklich löbliches Programm. Eine Mischung aus kindgerechten Suchbildern,  Rätseln, medizinischen Fakten und Werbung für Blasenschwäche. Innerhalb einer Stunde hab ich gelernt, dass Erektionsstörung hier in der Praxis behandelt werden, Blasenschwäche für jedes Alter ein Thema ist, E.T. nach Hause telefonieren will, ich unglaublich gut in Finde-den-Fehler-Spielen bin, wie das Wetter ist, kannte sie neusten und wichtigsten Ereignissen auf der Welt und habe gedanklich einen Werbeslogan für die Praxis kreiert. Den ich aber wieder vergessen habe. Aber er war gut.
Da die Herren sämtliche Vorurteile gegenüber älteren Männern perfekt bedienten fühlte ich mich gezwungen das selbe zu tun bezüglich aller Verhaltensmuster junger Leute. Ich zog mein Handy raus und tippte drauf rum. Schickte arbeitenden Freunden ein paar Nachrichten und fand jemand mit dem ich die ganze Zeit nahezu durchgehend Nachrichten hin und her schicken konnte. What’s app sei Dank.


Bei der Sonographie konnte ich schon auf dem Monitor erkennen, dass das, was da gezeigt wurde, nicht der Norm entspricht. Dazu musste ich nicht einmal Mediziner sein. Das Gesicht des Arztes sprach Bände. Ich war nicht sicher ob ich das lustig oder besorgniserregend finden sollte. Verhielt mich also neutral. Liegen, lächeln und so tun als ob ich keine Ahnung hätte.  Frau will ja nicht auffallen. Nicht mehr als im Wartezimmer jedenfalls. Der gute Mann untersuchte nicht nur die deutlich sichtbare Zyste dicht unterhalb meines Bauchnabels, sondern auch, wie es eigentlich seine Aufgabe war, meine Nieren und die Blase. Immer wieder fuhr er aber zurück zu den Goldballgroßen Gebilden die er so erfolgreich entdeckt hatte. So langsam hörte ich damit auf den Monitor zu betrachten und verfolgte lieber die Regungen seines Gesichts. Viel spannender. Geistesabwesend verkündete der Arzt, er wolle noch eine intensivere Untersuchung durchführen. Dachte ich mir fast. Er entschied sich, zu meiner Überraschung, für das Röntgen mit Kontrastmittel. Ziel war es  also meine Nieren und Nierenbecken, meine Harnleiter und meine Blase genauer zu kontrollieren. Ich durfte mich auf eine Bare legen und mein Becken wurde geröntgt. Zu meiner Freude wurde mir dann ein Zugang gelegt (der erst an diesem Tag) und Kontrastmittel in die Venen gejagt. 5 Minuten warten, Bild machen, weitere 5 Minuten warten, noch ein Bild machen, Nadel wieder ziehen. 
Soweit so gut. Vor dem Röntgen war übrigens das erste Mal, dass man mich gefragt hat ob ich schwanger sei. Vorschrift, ist klar. Diese Frage wird mir noch ganze 12-mal gestellt. 6-mal sogar von der gleichen Person! Beim 6. Mal als ich von der gleichen Person das gefragt wurde, hab ich dann sichtlich genervt geantwortet, dass ich einfach nur fett sei. Hat ihr übrigens nicht gereicht.

Jetzt kommen wir an den Punkt, an dem ich zum ersten Mal an den Punkt komme, mich wie ein richtiger Patient zu fühlen. Ich werde in einen anderen Raum geschickt und darum gebeten mich „unten rum“ frei zu machen, er Arzt würde gleich kommen.
Gut, ich bin da wegen einer Nierenbeckenentzündung. Die gefundenen Zysten sind an meiner Blase und am Bauchfell. Warum also eine vaginale Untersuchung? Für einen kurzen Moment zögere ich, spiele mit dem Gedanken das zu provozieren, mich zu weigern und mir erst alles erklären zu lassen. Ich mustere den Raum genauer. Das Maschinchen an der Seite des Untersuchungsstuhls lässt mich vermuten, dass der Arzt eine Blasenspiegelung machen will. Oder ‘nen schlechten Porno drehen. Da das Licht zu gut ist liegt der Verdacht nahe, dass es nicht der Porno ist. 
Es war übrigens eine Blasenspiegelung. Zu meinem entsetzen. Erst nachdem ich wieder angezogen war wurde ich dann aufgeklärt warum das Ganze. Als unwissender Patient wäre ich noch überforderter als ich es ohnehin war. 
Es ist 12.35Uhr als ich in das Besprechungszimmer gerufen werde. Die letzte Sprechstundenhilfe verabschiedet sich in die Mittagspause. Der Arzt lässt noch auf sich warten und ich habe Zeit meine Röntgenbilder genauer zu betrachten. Zwei Dinge fallen mir besonders auf. Meine verbogene Lendenwirbelsäule und ein Gallenstein. Bis dahin wusste ich nicht dass ich einen Gallenstein habe. Der Knick in der Wirbelsäule lässt vermuten, dass ich auf Höhe der Brustwirbelsäule ebenfalls so einen Knick habe. Skoliose. Hurra. Erklärt einiges. Der Arzt kommt und erzählt mir, er habe mit der Gynäkologin telefoniert. Er habe Zysten entdeckt die er abklären lassen wollen würde. Ich nicke. Die Zysten an den Eileitern sind bekannt. Hat, laut Statistik, 2 von 10 Frauen. Nichts was einem besonders Sorgen machen müsste. Meistens. Der Arzt war ein recht raffinierter Hund, wenn man so möchte. Auf einen Termin bei dem Arzt  der ein CT/MRT hat, wartet man gut einen Monat auf einen Termin. Das örtliche Krankenhaus hat die Möglichkeit viel schneller Bilder zu machen. Dadurch, dass er  mich jetzt stationär einweist, kann ich am Abend schon die Bilder in der Hand halten (gut, die CD mit den Bildern drauf, richtige Bilder macht man eigentlich nicht mehr… keiner… bis auf der Urologe bei dem ich war) und am gleichen Tag wieder entlassen werden. Das war der Plan.



(Hätte ich gewusst, dass das so lang wird, hätte ich euch vorgewarnt…
Jetzt gibt’s, frühestens morgen, den nächsten Teil)

Montag, 4. Februar 2013

von Gallensteinen die niemand Interessiert


Gut, fangen wir von vorne an. Wie kam ich zu einer 12 cm langen Narbe die von einem Hüftknochen zum anderen reicht?!

Ich glaub angefangen hat alles Montag vor 2 Wochen.    Ja, Montag, der 21.01.2013. Ein paar Wochen davor hatte ich schon Probleme mit dem Bauch. Besonders gestört hat mich, dass er wirklich Druckempfindlich war. Vorzugsweise rechts unter dem Rippenbogen. Da sitzen die Leber und die Galle. Mein Chef, ein wirklich guter Osteopath, hat mich behandelt und die Schmerzen wurden weniger. Inzwischen weiß ich, dass dieser Schmerz nichts mit dem Grund zu tun hat warum ich im Krankenhaus liege. Ich hab Gallensteine. Mit 26. Ich bin begeistert. Als Physio-Schülerin hab ich noch gelernt, dass es für Gallensteinpatienten ‘ne Sogenannte „5-F-Regel“ gibt. Der perfekte Gallenstein-Patient ist:

Female, Fet, Fair, Forty, Fertile.

Weiblich, Fett, Blond, über 40 & Fruchtbar.


Ich erfülle zwei Kriterien. 2… von 5. Gut, vielleicht drei, wenn man mich als Fett bezeichnen will. Beschließe daraufhin was zu ändern. Werde meine Haare wieder färben… Nein, das war nicht mein erster Gedanke. Natürlich hab ich mir gleich vorgenommen mehr Sport zu machen. 
Irgendwann mal. 
Man könnte meinen Mediziner interessieren sich für meinen Gallenstein. Immerhin ist er doch fast 6 cm groß (5,9). Aber nein. Dem ist nicht so. Der wird von allen ignoriert. Eigentlich scheint der Gallenstein sich wirklich keiner großen Beliebtheit zu erfreuen. Bei allen Untersuchungen werde ich nur gefragt ob ich Nierensteine hätte. Wenn ich dann die Frage verneine und stattdessen von meinem Gallenstein erzähle schauen alle recht überrascht. Ha, sie können es also auch nicht fassen. Trotzdem wird das Gebilde aus Cholesterin, Cholesterol, Bilirubin und mehr, total ignoriert. Bin mal gespannt, ob ich ihm mal einen weiteren Krankenhausaufenthalt verdanke.

Da alle meinen Gallenstein ignorieren, werde ich es jetzt auch tun. Zurück zu meinen eigenartigen Bauchschmerzen. 



Von den Bauchschmerzen abgesehen ging‘s mir gut. Eigentlich. Leichte Rückenschmerzen, ziehen in der Leiste, aber nichts, was mir Sorgen machen würde. Montag arbeiten, Dienstag Arbeiten, Mittwoch Arbeiten… und dabei fast draufgehen. Inzwischen war der Schmerz deutlich zu lokalisieren und schon so übel, dass sogar meine Patienten meinten, dass ich ned gut ausseh. Und die sind geübt im Lügen, die sagen auch immer, dass ich ja so schlank wäre. ;)

Mein Chef hat mir früh am Mittag schon den Auftrag erteilt die Handynummer des örtlichen Arztes herauszufinden. Mittwoch ist in dem Dorf in dem ich leb scheinbar der Tag, an dem kein Arzt in der  eigenen Praxis ist. Die sind alle unterwegs. Angeblich auf Hausbesuchen, aber ich vermute stark, dass sie sich irgendwo in nem Café treffen und über ihre Patienten ablästern. 
Laudi ist ja nicht dumm und ruft die Mutter der Sprechstundenhilfe vom Arzt an. Die gibt mir, natürlich, nach ein bisschen Unterhaltung die Handynummer. Unter der Bedingung, dass ich der Tochter erklär, dass es echt ein Notfall ist. Seither wird versucht die junge Frau anzurufen. Die schält verdammt schnell ihr Handy aus. Meine Kollegen und ich versuchen es immer wieder während der eigene Praxisbetrieb weiter geht.

Gegen 19 Uhr komm ich schon auf dem Zahnfleisch daher und mein Chef beschließt, dass jetzt genug ist. Den restlichen Patienten wird abgesagt und er läd mich in sein Auto- wir fahren direkt zum Arzt. Der verschanzt sich aber. Keine Chance. 

Das ist wichtig, weil am nächsten Tag, Donnerstagmorgen also, alle, wirklich jeder von ihnen, sagt, man hätte doch nur was sagen müssen. Natürlich hätten sie gleich geholfen. *hust* 
Nach einer halben Stunde Wartezeit wurde ich dann behandelt. Bisschen den Bauch abtasten, Urinprobe und die Diagnose steht:
Nierenbeckenentzündung inkl. Harnwegsinfekt.

Ich werde mit einer Krankmeldung und den ersten Tabletten entlassen. Jetzt gilt es mich warm einzupacken, viel Tee zu trinken und dreimal am Tag Aspirin zu schlucken. (Neben den verschriebenen Tabletten)
Am Sonntag war ich eigentlich so fit, dass ich voller Überzeugung sagen konnte, ich komm am Montag zum Arbeiten.  Das war morgens, am Abend war ich davon Überzeugt zu sterben. Die Schmerzen im Rücken waren verschwunden, dafür zog sich das ganze sehr deutlich und heftig von der linken Seite zur linken Leiste. Schön den Verlauf des Harnleiters. Wenn man so will.

Montagmorgen führte mich mein Weg also direkt zum Arzt.
Hätte ich geahnt, dass ich an dem Tag nicht mehr nach Hause komme, dann hätte ich nicht nur gefrühstückt, sondern auch mein Bett gemacht. Wenigstens hatte ich saubere Unterwäsche an… 




von Abgründen und Erfolgen


Da sitz ich auf meinem Krankenbett und starre total entgeistert zu dem Fernseher an der Wand. Die gestellte Aufgabe des offensichtlich mit einer Mischung hochprozentiger Energiedrinks aufgepuschten Moderators, das menschliche Gesicht in einem Bild bestehend aus 15 Kästchen zu finden (später wurde auf nur 10 Kästchen reduziert) hat meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Normalerweise schenke ich diesen hyperaktiven Gummibärchen bei Sendern der Richtung „Scheiße-Hoch9“, wie Steffan Raab es einmal liebevoll ausgedrückt hatte, keine Aufmerksamkeit. Maximal dann, wenn ich mitten in der Nacht oder am frühen Morgen nach Hause gekommen bin und noch zu aktiv war um gleich ins Bett zu gehen. Dann aber auch nur für maximal eine Minute. Bildangucken, Aufgabe lösen, weiterschalten. Diesmal ist es anders. Ich starre auf die Quadrate und suche jedes einzelne nach einem versteckten Gesicht ab. Erfolglos.
Der Moderator schreit und ich nehm meine Brille ab, putz sie, setzt sie wieder auf und such weiter. Die Gewinnsumme steigt von 2000€ auf 6500€. Immer noch nichts. Ich fühle mich langsam aber sicher einem imaginären Abgrund immer näher.  Dabei hatte ich angenommen, diesen gestern Abend schon erreicht zu haben, als ich einer Krankenschwester-Freundin über Facebook mitteilte, dass ich Stuhlgang hatte. Zum ersten Mal seit meiner OP. Endlich. Die komplette Schwesternschaft schien diese Frage zutiefst zu beschäftigen. Aus Gesprächen mit meiner Freundin die als Krankenschwester tätig ist weiß ich, dass sich im Krankenhausalltag nahezu alles um Stuhlgang dreht. Der ultimative Indikator dafür, ob alles in Ordnung ist. Passend dazu dreht sich bei vielen älteren Leuten, die ja vermehrt zu der Gruppe „Patient“ zählen,  ein Großteil des Tages um eben genau dieses Thema.
Der Rest meiner Freunde war davon übrigens nicht so begeistert wie Marion, die Krankenschwester-Freundin. Wenigstens eine die meinen „Erfolg“ zu würdigen weiß.

Zurück zu meinem neusten Tiefpunkt. Das Bilderrätsel. In den Wochen meiner Krankheit habe ich eine Menge neuer Tiefpunkte erreicht. Im Gegensatz dazu konnte ich aber auch ein paar wenige Erfolge erringen. Unterwäsche tragen, um nur einen zu nennen. Doch dazu später mehr. 

Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt die Langeweile mit der Dauerbenutzung von Facebook und Twitter zu bekämpfen. Dem Smartphone sei Dank. Schnell wird meine Befürchtung, mein IQ habe sich der Zimmertemperatur angepasst, der Welt verkündet. Zu meiner Überraschung- und leider auch meiner Begeisterung- finden sich zwei Freunde die wenigstens Interesse vortäuschen. Ich habe in meinem Wahn den Bildschirm fotografiert und sende ihnen das Bild. Vielleicht können sie mich erlösen und Licht ins Dunkle bringen. Fehlanzeige. Beide scheitern. Auch die Krankenschwester, die meinen Verband wechseln möchte, scheitert. Ich muss die Sendung noch weitere 10 Minuten ertragen bis das Rätsel aufgelöst wird. Die Gewinnsumme ist inzwischen auf stolze 10500€ gewachsen. Des Rätsels Lösung ist B4. Selbst jetzt wo ich es weiß kann ich es nicht sehen.
Warum der Mensch der Angerufen hat nur 2000€ gewinnt verstehe ich auch nicht, aber das ist egal. 


Ein anderer Freund mischt sich ein. Ein paar Kommentare die Erörtern WIE langweilig mir sein muss- HA, wenn sie wüssten! – und dann die geniale, rettende Idee. Ein Blog. Ein Blog über meine Krankheitserfahrung.

Sofort wird die Idee in die Tat umgesetzt.

TADA.